(Was bleibt vom) Strafrecht in der Big Data-Überwachungsgesellschaft?
Um einer ernst zu nehmenden Big Data-Überwachungsgesellschaft strafrechtswissenschaftlich etwas Substantielles entgegenzusetzen, ist eine Strafrechtskritik erforderlich, die weder technologischen Solutionismus predigt noch ein Interventionsrecht oder ein klassisch entworfenes Strafrecht glorifiziert. Es kommt daher darauf an, welches Strafrecht in der Leitfrage „Was bleibt vom Strafrecht in einer post-digitalen Big Data-Überwachungsgesellschaft?“ angesprochen ist. Von den hellen Seiten eines idealisierten und essentialisierten liberal-rechtsstaatlichen Straf- und Strafprozessrechts bleibt weniger als vielen lieb sein dürfte. Und von seinen dunklen Seiten bleibt mehr, als uns lieb sein sollte.
Entfalten werde ich diese Thesen anhand der Einzelfragen, ob uns in der post-digitalen Big Data-Überwachungsgesellschaft ein Ende der Normativität (unten III.) wie auch der Anfang vom Ende des Anfangsverdachts (unten IV.) ins Haus steht. Bevor ich hierzu komme, sind die zuvor aufgerufenen Begriffe zu schärfen. Damit pointiere ich zugleich meine o.g. Thesen und skizziere den Strukturwandel formaler Sozialkontrolle, die in einer Big Data-Überwachungsgesellschaft weder zwingend rechtlich verfasst ist noch auf Strafe im herkömmlichen Sinne setzt (unten II.).