29.04.2023

Stellungnahme des Forschungszentrums Normative Ordnungen zu den Vorgängen im Rahmen der Konferenz des Forschungszentrums Globaler Islam am 28. April 2023

Bei der Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“, die das Forschungszentrum Globaler Islam von Frau Prof. Susanne Schröter gemeinsam mit der Hertie-Stiftung veranstaltete, kam es zu einem Eklat, den der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer herbeiführte, als er gegenüber Demonstrierenden (und im Saal) offensiv und mehrfach einen zutiefst rassistischen Ausdruck verwendete und mit weiteren fatalen Äußerungen provozierte, die Vergleiche zur Diskriminierung jüdischer Menschen im Nationalsozialismus zogen.

Dazu halten wir zunächst fest: Das Forschungszentrum Normative Ordnungen war weder Mitveranstalter noch Kooperationspartner dieser Veranstaltung und hatte auf das Programm keinerlei Einfluss.

Zum Geschehen: Die beiden Direktor:innen des Zentrums, Prof. Nicole Deitelhoff und Prof. Rainer Forst, nahmen nicht an der Konferenz teil; Frau Deitelhoff war nicht vor Ort, Herr Forst nahm im Gebäude an einer ganztägigen Videokonferenz in Edinburgh teil. Unmittelbar nachdem sich der Vorfall ereignet hatte, wurde er alarmiert, informierte sich und stellte OB Palmer zur Rede. In Absprache mit Prof. Schröter drängte er darauf, dass dessen Äußerungen nicht undiskutiert bzw. unwidersprochen bleiben konnten und Thema auf der Konferenz werden, wozu die Protestierenden hinzugezogen werden müssten, mit denen er und die Geschäftsführerin der Normativen Ordnungen, Rebecca Schmidt, sprachen. Dies geschah nach einigen Diskussionen auch, wobei Herr Palmer seine Position wiederholte und sich uneinsichtig zeigte. Daraufhin kritisierten einige der Konferenzteilnehmer, u.a. Herr Mansour, Herr Ostermann und auch der vorgesehene Moderator des Vortrags von Herrn Palmer, Herr Gillmann, Herrn Palmer deutlich und verließen den Saal. 

Zum Kommentar: Diese Vorgänge sind nicht nur unserer Universität unwürdig, wie Präsident Schleiff in seiner Stellungnahme festhält, sondern sind besonders im Kontext unseres Zentrums, vor und in dessen Räumen dies leider geschah, ein Anlass schärfster Distanzierung und Kritik. Seit seinem Bestehen widmen sich die Normativen Ordnungen der Analyse diskriminierender und repressiver normativer Ordnungen, auch in Bezug auf deren diskursive Formen. Rassistische Rede, auch das vermeintliche ‚Spiel‘ mit ihr, hat hier keinen Platz. 

Gerade die Forschungen von Prof. Deitelhoff und Prof. Forst widersprechen allem, was wir gestern beobachten mussten. Prof. Deitelhoff erforscht die Produktivität von Konflikt und Streit in der Demokratie. Prof. Forst geht es in seinen Forschungen zu Fragen der Toleranz und Gerechtigkeit insbesondere darum, die Prinzipien eines demokratischen Verschiedenseins „ohne Angst“, wie Adorno es ausdrückte, zu begründen und zu klären. Der Geist kritischer Toleranz darf gerade an einer Universität nicht fehlen, aber Rassismus liegt jenseits von deren Grenzen wie auch jeden produktiven Streits.

Wir werden gemeinsam mit der Universität weiter daran arbeiten, diese Grenzen in der universitären Praxis zu definieren und umzusetzen.

Prof. Dr. Nicole Deitelhoff und Prof. Dr. Rainer Forst

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

News
30.06.2025

Artikel „Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?“ von Amadeus Ulrich im EJPT erschienen

Der Artikel „Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?“ von Amadeus Ulrich ist soeben Open Access im European Journal of Political Theory (EJPT) erschienen. Ulrich bringt darin die Perspektive des radikalen Realismus mit der kritischen Theorie Adornos in einen produktiven Dialog.

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News
30.06.2025

Prof. Dr. Franziska Fay mit dem Sibylle Kalkhof-Rose-Universitätspreis 2025 ausgezeichnet

Prof. Dr. Franziska Fay (Juniorprofessorin für Ethnologie mit dem Schwerpunkt Politische Anthropologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und ehemalige Postdoktorandin des Forschungszentrums Normative Ordnungen der Goethe-Universität) erhält den Sibylle Kalkhof-Rose-Universitätspreis 2025 in der Kategorie Geistes- und Sozialwissenschaften.

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25.06.2025 | Onlineartikel

Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?

Ulrich, Amadeus (2025): Ideology and suffering: What is realistic about critical theory? European Journal of Political Theory, 0(0).  https://doi.org/10.1177/14748851251351782

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News
24.06.2025

Neue Reihe „Vertrauensfragen“ in der Frankfurter Rundschau initiiert von Hendrik Simon

Demokratie lebt vom Streit – wenn er der gemeinsamen Suche nach Lösungen dient. An diesem Miteinander hakt es oft. Die neue FR-Reihe „Vertrauensfragen“ untersucht, initiiert von Hendrik Simon (Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) Standort Frankfurt am Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität), woran das liegt und wie wir es besser machen.

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Publikation
23.06.2025 | Working Paper

Untrustworthy Authorities and Complicit Bankers: Unraveling Monetary Distrust in Argentina

Moreno, Guadalupe (2025): “Untrustworthy Authorities and Complicit Bankers: Unraveling Monetary Distrust in Argentina”. Max Planck Institute for the Study of Societies Discussion Paper 25/3.

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News
22.05.2025

Hat die deliberative Demokratie im Zeitalter von Oligarchen, Autokraten und Patriarchen eine Zukunft?

Am 3. Juni hält Prof. Simone Chambers einen Vortrag zum Wert von Demokratien und der Zukunft der Staatsform.

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19.05.2025 | Sammelband

Klimaethik. Ein Reader

Sparenborg, Lukas; Moellendorf, Darrel (Hrsg.) (2025) : Klimaethik. Ein Reader. Suhrkamp.

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19.05.2025

Was kann eine barocke Tapisserie über koloniale Ikonographie erzählen?

Vortrag von Cécile Fromone am 21. Mai. Die Professorin am Department of the History of Art and Architecture der Harvard University sowie Direktorin der Cooper Gallery am Hutchins Center und Autorin wird über lange vergessene afrikanische Ursprünge der Ikonographie und deren koloniale Dimension referieren.

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05.05.2025

Normative Orders Newsletter 01/25 erschienen

Der Newsletter aus dem Forschungszentrum Normative Ordnungen versammelt mehrmals im Jahr Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Berichte, Neuigkeiten und Veröffentlichungen. Lesen Sie hier die erste Ausgabe 2025.

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