Der „demokratische Frieden“ als Rechtfertigungsnarrativ

Projektleiter: Prof. Dr. Christopher Daase

Unter Verweis auf Immanuel Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ (1795) behauptet die zeitgenössische Theorie des Demokratischen Friedens (DF), dass konsolidierte Demokratien gegeneinander keine Kriege führen bzw. sogar quasi von Natur aus friedlicher seien als andere Herrschaftstypen. Diese Theorie zehrt von zahlreichen idealisierenden Rationalitätsunterstellungen über die Institutionen, die politische Kultur und die Handlungsorientierungen von Bürgern und Eliten liberal-demokratischer  Demokratien. Die Verwurzelung dieses Forschungszweigs im zivilisationsoptimistischen Erbe der Aufklärung ist unverkennbar, hat jedoch problematische wissenschaftliche und politische Folgen: Sie führt wissenschaftlich zu fragwürdigen Erklärungsansätzen und Prognosen sowie politisch zur Verfestigung eines allzu positiven Selbstbildes westlicher Staaten. Im Extremfall wird die DF-Forschung zur Rechtfertigung gewaltsamer Demokratisierung herangezogen oder zur Begründung von Forderungen nach einem „Club der Demokratien“. In dieser Hinsicht dient die DF-Theorie der Unterfütterung einer konfliktverschärfenden Identitätspolitik demokratischer Akteure. Insgesamt ist die kaum noch überschaubare Forschung zum Demokratischen Frieden seit Ende des Kalten Krieges zu einem einflussreichen Rechtfertigungsnarrativ für westliche Außenpolitikstrategien und Weltordnungsentwürfe geworden: Weltweite Demokratieförderung gilt langfristig als Schlüssel zur Erreichung größerer Stabilität und Friedlichkeit im Rahmen einer liberal geprägten Weltordnung. 

Dieses Projekt setzte sich kritisch mit den (meta-)theoretischen Grundlagen der DF-Theorie auseinander und dekonstruierte deren Rationalitätsannahmen mit Hilfe von Argumentationen und Erkenntnissen aus Staatstheorie, Demokratietheorie und der Soziologie der Moderne. Das Ziel war es aufzuzeigen, dass die mikrotheoretischen Fundamente des DF auf mehr als brüchigem Grund ruhen. So konnte gezeigt werden, dass potenziell gewaltfördernde Exklusionsprozesse und Bedrohungskonstruktionen dazu führen, dass der Frieden innerhalb sowie zwischen Demokratien immer ein prekärer sein wird. Im Ergebnis zeigte das Projekt somit, dass die politischen Behauptungen über die Friedensleistungen von Demokratien daher idealisiert sind.

Im Rahmen des Projektes hat Dr. Geis ihre Habilitationsschrift verfasst und wurde 2012 habilitiert. Seit 2016 ist sie Professorin für Politikwissenschaft an der Helmut Schmidt Universität Hamburg.

Zu den wichtigsten Publikationen des Projektes zählen: 
*Geis, Anna (2011): „Of Bright Sides and Dark Sides: Democratic Peace beyond Triumphalism“, in: International Relations, 25(2), 18-25. 
*Geis, Anna /Wagner, Wolfgang (2011): „How far is it from Königsberg to Kandahar? Democratic Peace and Democratic Violence in International Relations”, in: Review of International Studies, 37(4), 1555-1577. 
*Geis, Anna/Wolff, Jonas (2011): “Demokratie, Frieden und Krieg. Der „Demokratische Frieden“ in der deutschsprachigen Friedens- und Konfliktforschung“, in: Peter Imbusch/ Peter Schlotter/ Simone Wisotzki (Hg.): Friedens- und Konfliktforschung – ein Studienbuch, Baden-Baden: Nomos (Reihe Forschungsstand Politikwissenschaft), 112-138. 
Daase, Christopher (2011): „Neue Kriege und neue Kriegführung als Herausfoderungen für die Friedenspolitik“, in: Werkner, Ines-Jacqueline/ Kronfeld-Goharani, Ulrike (Hg.), Der ambivalente Frieden. Die Friedensforschung vor neuen Herausforderungen, Wiesbaden: VS-Verlag, 21- 35.

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

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10.02.2026 | Frankfurt am Main

Satanic Politics. Democracy after Liberalism

Ringvorlesungen, Vortrag

Vortrag von Michael Rosen (Harvard University) im Rahmen der Ringvorlesung "Am Scheidepunkt? Zur Krise der Demokratie" im Wintersemester 2025/2026

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04.02.2026 | Frankfurt am Main

Demokratien verteidigen. Zur Aktualität des Gewaltbegriffs bei Camus und Derrida

Ringvorlesungen, Vortrag

Vortrag von Christine Abbt (Universität St. Gallen) im Rahmen der Ringvorlesung "Am Scheidepunkt? Zur Krise der Demokratie" im Wintersemester 2025/2026

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29.01.2026

Civil Geopolitics and the Dilemmas of the Democratic State

Ringvorlesungen, Vortrag

Vortrag von David Owen (Universtiy of Southampton) im Rahmen der Ringvorlesung "Am Scheidepunkt? Zur Krise der Demokratie" im Wintersemester 2025/2026

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14.01.2026 | Frankfurt am Main

Vortrag von Christine Hentschel (Universität Hamburg)

Ringvorlesungen, Vortrag

Vortrag von Christine Hentschel (Universität Hamburg) im Rahmen der Ringvorlesung "Am Scheidepunkt? Zur Krise der Demokratie" im Wintersemester 2025/2026

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Veranstaltung
10.12.2025 | Frankfurt am Main

How Democracy Relies on the Future

Ringvorlesungen, Vortrag

Vortrag von Jonathan White (LSE) im Rahmen der Ringvorlesung "Am Scheidepunkt? Zur Krise der Demokratie" im Wintersemester 2025/2026

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Veranstaltung
26.11.2025 | Frankfurt am Main

Krise der Demokratietheorie? Eine soziologische Intervention

Ringvorlesungen, Vortrag

Vortrag von Jenni Brichzin (Universität der Bundeswehr München) im Rahmen der Ringvorlesung "Am Scheidepunkt? Zur Krise der Demokratie" im Wintersemester 2025/2026

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Veranstaltung
27./28.11.2025 | Frankfurt am Main

Reconsidering Legal Subjectivity In and Through the Anthropocene

Konferenz

Internationale Konferenz organisiert vom Wissenschaftsnetzwerk Recht im Anthropozän (RiA) in Kooperation mit dem Forschungszentrum Normative Ordnungen.

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23.10.2025

Vinzenz Hediger wird neuer Direktor der Cinémathèque suisse

Prof. Dr. Vinzenz Hediger wird ab Januar 2026 Direktor der Cinémathèque suisse in Lausanne. Seit 1948 bewahrt, restauriert und fördert die Cinémathèque suisse das schweizerische und internationale Filmerbe. Sie wird von der Internationalen Föderation der Filmarchive (FIAF) als eine der zehn bedeutendsten Kinematheken der Welt anerkannt – aufgrund des Umfangs, der Vielfalt und der Qualität ihrer Sammlungen.

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23.10.2025

Buchvorstellung von Lea Ypis „Aufrecht - Überleben im Zeitalter der Extreme“ im Rahmen der Frankfurter Buchmesse

Im Rahmen der Buchvorstellung von Lea Ypis „Aufrecht - Überleben im Zeitalter der Extreme“ wurde am 15. Oktober über Fragen nach Würde, Identität, Freiheit und Verantwortung in Zeiten extremer historischer Veränderungen diskutiert.

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