Wer hat uns verraten? Friedens- und Sicherheitsforschung in Kriegszeiten
Abstract:
Das Verhältnis von Friedensforschung und Sicherheitsforschung hat sich gewandelt. Dabei ist die begriffliche Trennung unscharf. Friedensforschung kann in kritische Friedensforschung und Friedens- und Konfliktforschung unterteilt werden, während Sicherheitsforschung wiederum in sicherheitspolitische Forschung und Strategische Studien zerfällt. Kern unserer Argumentation ist, dass sich Friedens- und Konfliktforschung und sicherheitspolitische Forschung in den letzten vierzig Jahren weitgehend verschränkt haben. Im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine wird von einigen Vertreter*innen der kritischen Friedensforschung einerseits und der Strategischen Studien andererseits versucht, die konzeptionelle Trennung von Frieden und Sicherheit neu zu akzentuieren und den ideologischen Unterschied zwischen Friedens- und Sicherheitsforschung zu betonen. Im Beitrag wird argumentiert, dass dadurch wichtige konzeptionelle Entwicklungen geleugnet, akademische Professionalisierung rückgängig gemacht und zentrale Forschungsergebnisse vernachlässigt würden. Das bedeutet nicht, dass Frieden und Sicherheit identisch sind und es nicht unterschiedliche Fragestellungen gäbe, die einerseits nach den langfristigeren Perspektiven einer friedlicheren Welt und andererseits nach den kurzfristigeren Zielen einer sichereren Umwelt fragen würden.