Weil nicht sein kann, was nicht sein darf
Abstract
Die direkt Betroffenen internationaler Politik sollen mehr Gehör in Politikprozessen bekommen, da sind sich internationale Organisationen (IOs) in ihrer Rhetorik einig – sei es zum Thema Drogenabhängigkeit, Kinderarbeit, Menschenhandel oder weibliche Genitalverstümmelung. In den konkreten Politikprozessen sind es oft nicht die Mitgliedstaaten direkt, sondern eher das IO-Personal, das solche Austauschprozesse moderiert und steuert. Wir zeigen, dass die Einbindung und Resonanz solcher Betroffenengruppen stark variiert. Trotz ähnlicher Organisationsstrukturen und inhaltlicher frames, mithilfe derer Betroffene ihren Anspruch auf Teilhabe rechtfertigen, reagieren IOs selektiv auf deren Forderungen. Anhand von zwei Fallstudien zu Kinderarbeit und Drogenkonsum im Kontext von ILO, UNICEF, WHO und UNODC zeigen wir, dass IOs Betroffenenkontestation auf zwei Arten selektieren. Zum einen wählen IOs im Sinne einer strategischen Kooptation die Betroffenengruppen als Gesprächspartner aus, die in ihren Forderungen bestehenden IO-Positionen am stärksten ähneln. Zum anderen öffnen sie sich basierend auf internalisierten Werten insbesondere für Gruppen, die (westlichen) Standards „legitimer“ Betroffenenkontestation besonders entsprechen.