Vorlesungsreihen
In den Vorlesungsreihen werden, jeweils aus der Perspektive einer der am Forschungszentrum beteiligten Disziplinen, zentrale Aspekte der Forschungsarbeit behandelt. Dabei geht es in erster Linie darum, Studierende, Kolleg:innen und Interessierte an Forschungsständen teilhaben zu lassen und zur Diskussion einzuladen.
Rassismus in der Polizei – Empirische befunde, methodische Herangehensweisen und Kontroversen
Sommersemester 2025
Berichte von Menschen, die von Rassismus betroffen sind, über anlasslose Polizeikontrollen, Herabwürdigungen oder problematische Gewaltanwendungen durch die Polizei reißen nicht ab. Sie beschäftigen die öffentliche Debatte; zahlreiche politische Initiativen kämpfen teils seit Jahrzehnten um Aufklärung. In den vergangenen Jahren haben sich auch empirische Sozialforschung und Polizeiforschung zunehmend des Themas angenommen.
Rassismus in der Polizei hat verschiedene Dimensionen – von individuellen Einstellungen bis zu strukturellen Formen – und lässt sich auf unterschiedliche Weisen untersuchen. Im Rahmen der Ringvorlesung stellen Forschende in drei Vorträgen aktuelle empirische Studien zu rassistischen Einstellungen und Wissensstrukturen, institutionellen Reproduktionsmechanismen von Rassismus sowie zu Betroffenenperspektiven vor.

Klima vor Gericht / Climate Contested. Interdisziplinäre Perspektiven auf Recht(e) in der ökologischen Krise
Wintersemester 2023/24
Die Vorlesungsreihe „Klima vor Gericht/Climate Contested. Interdisziplinäre Perspektiven auf Recht(e) in der ökologischen Krise“ thematisiert das komplexe Wechselspiel zwischen Klimawandel und Recht. Im Rahmen von Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Streitgesprächen wird aus interdisziplinärer Perspektive diskutiert, wie im und durch Recht um den Umgang mit der ökologischen Krise gerungen wird.

Klimakrise und Strafrecht
Wintersemester 2023/24
Die Klimakrise wirft auch im Hinblick auf die Theorie und Praxis des Strafrechts grundlegende Fragen auf. Beispielsweise ist jüngst der Begriff des „Klimastrafrechts“ (verstanden als Klimaschutzstrafrecht) in den strafrechtswissenschaftlichen Diskurs eingeführt worden, um die Möglichkeiten und Grenzen des Strafrechts im Klimaschutz auszuloten.
Versteht man den Begriff des Klimastrafrechts in einem weiten Sinne, nimmt er als Leit- und Schlüsselbegriff die Strafrechtsordnung in Zeiten des zunehmend krisenhaft verlaufenden anthropogenen Klimawandels in den Blick. Aus diesem weiten Feld stechen aktuell insbesondere die vielfältigen strafrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den medial omnipräsenten Klimaprotesten der „Letzten Generation“ heraus.
Unter dem Titel „Klimakrise und Strafrecht“ soll die als digitale Ringvorlesung organisierte Veranstaltung in drei Themenblöcken (Klimaschutzstrafrecht – Klimaproteste – Grundlagen) Referent:innen aus dem In- und Ausland zusammenführen, um ausgewählte Aspekte des Themas aus unterschiedlichen (z.B. dogmatischen, kriminologischen, rechtstheoretischen) Perspektiven zu beleuchten.

Das Bauwerk der Demokratie. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Paulskirche als politisches Symbol
Sommersemester 2023
Deutschland ist nicht reich an Orten, die eine Geschichte der Demokratie erzählen können. Die Paulskirche ist das in dieser Hinsicht symbolträchtigste deutsche Bauwerk. 1848 kam hier das erste frei gewählte Parlament zusammen, das sich zur Aufgabe machte, eine demokratische Nation zu gründen. Nach vielen Kompromissen kam 1849 eine Verfassung zustande – die dann aber an den Kräfteverhältnissen ihrer Zeit scheiterte. Was als Revolution begann, wurde durch die Reaktion zerrieben. Die Paulskirche ist deshalb ein dialektischer politischer Ort: Sie zeugt von den Versuchen demokratischer Anfänge und Gründungen wie auch vom Scheitern derselben, ohne dass die Hoffnung, es möge einst gelingen, ausgelöscht werden konnte. Sie ist mithin der Ort der nicht abgeschlossenen deutschen Demokratiegeschichte. Im Zuge des anstehenden 175-jährigen Jubiläums der Nationalversammlung im Mai 2023 wird eine breite gesellschaftliche Debatte zur Zukunft der Paulskirche geführt. Ziel ist, die Paulskirche in den kommenden Jahren zu sanieren und sie durch den Bau eines ‚Hauses der Demokratie‘ zum nationalen Erinnerungs- und Diskursort zu machen. Die Vortragsreihe „Bauwerk der Demokratie“ möchte einen Beitrag zu der aktuellen Debatte leisten, indem sie die damit verbundenen Themen in Vorträgen und einer abschließenden Podiumsdiskussion beleuchtet. Neben konkreten Auseinandersetzungen mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Frankfurter Paulskirche soll die Vortragsreihe grundsätzlich die Fragen aufgreifen, die dieser Ort der Demokratiegeschichte an uns stellt.

Algorithms // A Brave New World?
Wintersemester 2022/23
Algorithms, Uncertainty and Risk
Sommersemester 2022
Waren Datensätze bisher ein Instrument, um Prognosen zum Umgang mit Unsicherheit zu erstellen, führt die sog. „algorithmische Wende“ vermehrt zu einer Prädiktionsgesellschaft, in der individuelles und Gruppenverhalten konsequent im großen Stil ausgewertet und Zukunftsgestaltung auf dieser Basis vorgenommen wird. Statt rechtlicher, institutioneller und individueller Verarbeitung und Erfahrung dominieren nun Wahrscheinlichkeiten und Statistiken. Damit wird Zukunft einerseits vorhersehbarer, andererseits aber auch anfälliger für Ereignisse, die von solchen Vorhersagen nicht erfasst werden – z.B. weil sie zu selten auftreten oder durch Zufälle bedingt sind. Gleichzeitig ändert sich die Kontrolle (rechtlicher) Entscheidungen, denn sie muss nunmehr vermehrt auf die Entscheidungsfindung blicken.

Algrithmen und die Transformation von Demokratie
Wintersemester 2021/22
Algorithms – Between Trust and Control
Sommersemester 2021
Machtverschiebung durch Algorithmen und KI
Wintersemester 2020/21

Haftungsrecht und Künstliche Intelligenz
Wintersemester 2019/20
Auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz sind in den letzten Jahren rapide technische Fortschritte erzielt worden, die das Privatrecht im Allgemeinen und das Haftungsregime im Besonderen vor grundlegende, neuartige Herausforderungen stellen: Wo autonome Systeme und künstliche neuronale Netze wie selbstfahrende Autos oder medizinische Diagnosetools zum Einsatz kommen, verschiebt sich der Schwerpunkt des Haftungsgeschehens von menschlichem Verhalten auf maschinelle Akteure. Dem spezifischen Gefährdungspotenzial dieser autonomen Technologien muss die Rechtsordnung normativ begegnen, will sie nicht verantwortungsfreie Räume und stetig wachsende Haftungslücken riskieren.
Inwieweit aber bietet das tradierte haftungsrechtliche Instrumentarium sachgerechte Lösungen für Schädigungen durch autonome Informationssysteme und wo hat die digitale Spezies Bedarf nach Neunormierungen zur Risikobewältigung und -steuerung aufkommen lassen? Diesen Fragen widmet sich die mit prominenten, international renommierten Experten besetzte Vortragsreihe in vier Veranstaltungsterminen. Unter welchen Voraussetzungen kann etwa dem Hersteller oder Betreiber das Verhalten des autonomen Systems haftungsbegründend zugerechnet werden? Darf ein kausales Fehlverhalten menschlicher Akteure überhaupt gefordert werden oder verlangt das Risiko digitaler Entscheidungsautonomie nach einer strikten Haftungsgrundlage nach Art einer Gefährdungs- oder Gehilfenhaftung? Oder wird gar das autonome System selbst kraft eigener, digitaler Rechtspersönlichkeit zum verantwortlichen Haftungssubjekt?

Demokratie in der Krise? Bruch, Regression und Resilienz
Sommersemester 2019
Der Eindruck einer Krise der Demokratie ist im Jahr 2019 so verbreitet, dass er kaum mehr einer Begründung bedarf: Die Erosion von Rechtsstaatlichkeit und liberalen Institutionen, die populistische Verunsicherung des repräsentativen Systems, die neuen Autoritarismen und verschärften geopolitischen Verwerfungen hinterlassen tiefe Spuren im politischen Selbstverständnis unserer Zeit.
Die mit hervorragenden Expertinnen und Fachleuten aus dem In- und Ausland besetze Ringvorlesung wird dieses Thema von verschiedenen disziplinären und theoretischen Seiten mit Fragen nach der Logik der derzeitigen Zersetzung, der zu erwartenden institutionellen Konsequenzen und der Möglichkeit einer künftigen Wiederherstellung demokratischer Legitimität beleuchten. Diese Diskussionen sollen so auch zu dem Streit um die Demokratie beitragen, der – nach markanten Höhenpunkten 1968 und 1989 – heute neu entfesselt ist.
Wie soll nach dieser Krise der Demokratie, wie wir sie kannten, staatsbürgerschaftliche Zugehörigkeit organisiert sein, wie kann soziale Teilhabe gewährleistet werden und auf welchen staatlichen und überstaatlichen Ebenen ist Demokratie überhaupt grundsätzlich realisierbar? Auch von Antworten auf diese und andere Fragen, denen sich die Ringvorlesung widmet, wird es abhängen, ob der Niedergang der Demokratie ab einem bestimmten Punkt als irreversibel akzeptiert werden muss oder ob sie – vielleicht – aus den Verwerfungen und Bestreitungen unter Aufbietung der ihr eigenen Selbstheilungskräfte erneuert und gestärkt hervorgehen kann.

The End of Pacification? The Transformation of Political Violence in the 21st Century
Wintersemester 2018/19
The history of the modern world has been told as a process of decreasing recourse to rampant violence: As a process of civilization that taught societies to tame human affects; as a process of legalization that led states and societies to regulate conflicts peacefully; and as a process of rising interdependence that made international conflict increasingly unprofitable. Even instances of massive collective violence, including world wars and the Holocaust, have been interpreted as deviant data points within an impressive macro-historical trend of pacification. This progressive narrative has been reinforced by the institutionalization of liberal norms and values, the global expansion of democracy and the peaceful termination of the Cold War.
While this diagnosis resonates with the Enlightenment ideas of modernization and rationalization, it runs the risk to oversee counter-evidence and underestimate developments that point to the opposite direction. New technologies allow for new kinds of weapons and the militarization of outer space and the internet. Non-state actors increasingly engage in mass-terrorism and new kinds of civil war. States adapt to these developments combining conventional and unconventional strategies in hybrid-warfare. What is more, the laws of war are increasingly violated and established institutions of regulating conflict are being questioned. Even the validity of formally agreed principles such as the illegality of violent conquest or the prohibition of chemical weapons are under pressure.
Do we witness the end of pacification? Is political violence transforming itself to the effect that it once again dominates political agendas? Or do we simply see the systemic contradictions inherent in the process of pacification which had all along consisted in the transformation and externalization rather than the overall reduction or even elimination of violence? Leading scholars from various disciplines aim to find answers to these questions in this lecture series.

Criminal Justice between Purity and Pluralism – Strafrechtspflege zwischen Purismus und Pluralität
Sommersemester 2017
Modelling Transformation
Sommersemester 2016
Historische Geisteswissenschaften befassen sich zwar fortwährend mit Phänomenen des Wandels, doch erstaunlich unterentwickelt ist die Diskussion darüber, wie das Phänomen „Wandel“ in den Geisteswissenschaften überhaupt zu denken ist. Mit welchen Deutungsmodellen erfassen wir Prozesse der Veränderung? Wie steuern unsere erkenntnistheoretischen Grundannahmen die Deutung von Wandel? Natürlich bieten historische Arbeiten andauernd vielfältige Erklärungen dafür an, warum (seltener: wie) die eine historische Formation zu einer anderen historischen Formation wurde. Aber die Deutungsmuster – die erkenntnistheoretischen, methodischen, nicht selten auch politischen Grundlagen dieser Erklärungen – bleiben meist implizit. Das ist umso erstaunlicher, als gerade hier der Brückenschlag zwischen empirischer Forschung und theoretischen Ansätzen gelingen könnte. Ziel der Vorlesungsreihe, die der Exzellenzcluster in Kooperation mit dem Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften und dem Sonderforschungsbereich „Schwächediskurse und Ressourcenregime“ durchführt, ist es daher, durch Beiträge aus verschiedenen Disziplinen Modellierungen von Wandel zu erörtern. Dabei geht es um eine Selbstvergewisserung heutigen historischen Denkens, aber zudem wird gefragt, inwiefern auch prognostisches Denken möglich ist.

Normenkonflikte in pluralistischen Gesellschaften
Wintersemester 2015/16
Kulturelle Diversität ist ebenso ein Merkmal moderner pluralistischer Gesellschaften wie Differenzen in Bezug auf Lebensstile, sexuelle Orientierungen und weltanschauliche Bekenntnisse. Die Frage lautet nicht mehr, ob Homogenisierung oder Heterogenisierungerwünscht sei (Appadurai), sondern wie Pluralität gestaltet und Normenkonflikte verhandelt werden können. In den Sozial- und Geisteswissenschaftenwerden die möglichen Effekte gesellschaftlicher Pluralisierung (Entsolidarisierung, Hybridisierung, neue Formen der Vergemeinschaftung) ebenso kontrovers diskutiert wie probate Lösungsansätze (z.B. Toleranz, Anerkennung, Verständigung auf gemeinsame Werte).
Auseinandersetzungen werden gegenwärtig vor allem um religiöse und Gendernormen geführt (u.a. Kopftuchdebatte, Karikaturenstreit), um Inklusionen und Exklusionen zu rechtfertigen und kollektive Identitäten zu konstruieren. Grundsätzlich stellt sich die Frage nach den Rechtfertigungsnarrativen für bestimmte Normen bzw. nach konfligierenden Referenzrahmen (Menschenrechte vs. kulturelle Rechte, Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter), in denen Normen legitimiert oder delegitimiert werden.
Im Rahmen der Ringvorlesung sollen neue theoretische und empirische Befunde zu Normenkonflikten in pluralistischen Gesellschaften vorgestellt und debattiert werden, auch im Hinblick auf ihr Potential, Normenwandel und neue Formen der Integration von Differenzen voranzutreiben.

Theorizing Global Order
Sommersemester 2015
“Order” is a central concept in the discipline of International Relations. However, in contrast to other concepts (such as “security”) it is surprisingly undertheorized. In this Lecture Series scholars with different backgrounds and theoretical preferences will offer their take on what it may mean to “theorize global order“.

Translating Normativity: New Perspectives on Law and Legal Transfers
Wintersemester 2014/15
Throughout history, law and legal knowledge were circulating between cultures, countries, and continents. Sometimes willingly adopted, sometimes forcefully imposed by powers from outside, the process of dealing with foreign law often changed not only the sources of law, but a whole structure of normative thinking. One might think of the reception of Roman law in Europe during the Middle Ages, the formation of derecho indiano in early modern Hispano-America or the adoption of European law in East Asia during the 19th century. In recent years, such processes could be observed in states in transition, for example in Eastern Europe.
As most normative orders, law is not only produced by politics, but it is rooted in language and traditions. Is it actually possible to translate norms? What happens when they are taken up by a different culture, having to operate in another language? How does their meaning shift during these processes, how do their function and even their normativity change?
The lecture series, which will try to find answers to these questions, is inspired by the concept of “cultural translation”. This term aims to supersede the notion of a linear give-and-take; instead, it emphasizes interactions and intermediate areas, internal dynamics, resistance and the “agency” of the actors. In a critical reflection of the traditional Eurocentric perspective, the concept of “translation” reminds us how complex, intertwined, and contested the adoption and re-production of foreign norms might be.
We do not only focus on legal normativity. While one lecture will explicitly discuss the translatability of law and legal norms, the other lectures shall deal with different forms of normativity as to be found in political concepts, religion and technology. Broadening the view in this way should enable us to compare normative orders and to examine how cultural translation actually “worked” in different fields. This might, eventually, produce a profounder understanding not only of law but also of normativity in general.

Rechtswissenschaft in Frankfurt vor den Herausforderungen der nächsten 100 Jahre – Erfahrungen und Erwartungen
Sommersemester 2014

Beyond Anarchy: Rule and Authority in the International System
Wintersemester 2013/14
Die normative Ordnung des internationalen Systems wird häufig als anarchisch beschrieben, um ein System auszuzeichnen, dem eine übergeordnete Autorität fehlt, die Konflikte zwischen den wesentlichen Akteuren im System, traditionell Nationalstaaten, lösen könnte. Mit dem Aufstieg nichtstaatlicher Akteure und der Ausbreitung inter- und supranationaler Organisationen hat sich das Bild internationaler Politik in den letzten Jahrzehnten zwar bereits gewandelt, aber die Zuschreibung als anarchisch hält sich hartnäckig. Obgleich Entscheidungen in zunehmendem Maße auf supranationaler Ebene oder aber in informellen Clubs oder privaten Organisationen fallen, werden diese Entwicklungen zumeist als Form einer jederzeit kündbaren Delegation von Entscheidungsautorität durch die Staaten betrachtet aber nicht als Ausdruck von Herrschaft im internationalen System.
Ganz anders dagegen das Bild, das sich die Rechtswissenschaften von der internationalen Politik machen. Sie betrachten das internationale System oftmals als eine Ordnung, die im und durch das Recht konstituiert wird und sich seit dem 19. Jahrhundert zusehends in den Vereinten Nationen zentriert. Entsprechend erscheint ihnen „Recht“ und nicht „Macht“ als zentrales movens der internationalen Politik.
Die Ringvorlesung nimmt die Spannung zwischen diesen beiden Perspektiven auf und stellt eine für beide gleichermaßen relevante Frage: Was bedeuten Autorität und Herrschaft im internationalen System und wie stellen sie sich dar? Während einige Autorität an Legitimität gebunden sehen, betonen andere gerade das zwiespältige Verhältnis zwischen Autorität und Legitimität, wie es sich vor allem in Formen von Opposition und Dissidenz im internationalen System beobachten lässt.
Um den Wandel, den die normative Ordnung internationaler Politik unbestreitbar durchläuft, einordnen zu können, sind führende Vertreter aus Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft und Soziologie eingeladen, ihre Perspektiven auf Autorität und Herrschaft in der internationalen Politik zu diskutieren.
Normativität und Geschichtlichkeit: Frankfurter Perspektiven II
Sommersemester 2012
„Normativität und Geschichtlichkeit“ markiert ein Spannungsverhältnis. (Fast) jede normative Ordnung reklamiert für sich, sowohl gut begründet als auch überall und immer gültig zu sein. Jede ethnologisch oder historisch inspirierte Betrachtung der Welt geht dagegen von der Prämisse aus, dass „Kulturen“ und „Epochen“ jeweils eigene normative Ordnungen entwickeln, die sich schneller oder langsamer wandeln. Obgleich alle normativen Ordnungen Strategien der Immunisierung gegen Wandel, für Umgänge mit anderen Normensystemen sowie für Dissens entwickeln und sich über lange Zeit auf die gleichen Texte beziehen können, sind sie also aus dieser Perspektive ständig im Fluss – zumal sie von jedem Individuum an jedem Ort im Detail unterschiedlich ausgelegt und in etwas andere Praktiken überführt werden. Das stellt die empirische Erforschung normativer Ordnungen vor erhebliche Probleme, denn jede Beschreibung des Wandels normativer Ordnungen basiert auf einer Mischung aus Beobachtungen (die auf unterschiedlich dichten Überlieferungen gegründet sind) einerseits, Konstruktionen und Annahmen darüber, was die jeweilige Ordnung im Kern ausmacht, andererseits.
Die Ringvorlesung behandelt diese Problematik an zwei Arten von Beispielen: Momenten des Wandels normativer Ordnungen und Konstellationen, in denen normative Ordnungen direkt miteinander in Kontakt treten und gegebenenfalls in Konflikt geraten. Neben der empirischen Beschreibung reflektiert sie das Problem einer ethnologischen oder historischen Beschreibung normativer Ordnungen selbst. Sie setzt somit mit anderem Akzent die Vorstellung der Ergebnisse der ersten Förderphase des Clusters fort, die im letzten Semester mit einem eher philosophisch-politikwissenschaftlichen Blick auf Normativität begonnen wurde. Thematisch reichen die Frankfurter historischen und ethnologischen Perspektiven vom alten Ägypten bis zur Gegenwart; geographisch umfassen sie den Blick auf Europa ebenso wie den auf Beziehungen zwischen Europa und einer als „außereuropäisch“ gedachten Welt oder auf postkoloniale Konstellationen. Wir hoffen sehr, dass dieses (weitere) Spannungsfeld zwischen vielseitiger Empirie und systematischer Fragestellung möglichst viele Interessentinnen und Interessenten dazu reizen wird, die Ergebnisse zu rezipieren, zu diskutieren und weiter zu denken.

Normativität: Frankfurter Perspektiven
Wintersemester 2011/12
Normativität ist der Begriff für ein alltägliches und zugleich schwer zu erklärendes Phänomen, das eine Frage aufwirft: Woraus besteht die Kraft, die uns dazu bringt, uns an Grundsätze, Normen und Regeln verschiedenster Art zu halten? Normativität ist eine Art Bindung ohne Fessel, und die Erklärungen, woher sie rührt, reichen von selbstbezogenen Überlegungen über soziale Erklärungen bis zu der Annahme objektiver Werte jenseits der empirischen Welt. In dem interdisziplinären Forschungscluster „Herausbildung normativer Ordnungen“ spielen diese Fragen eine zentrale Rolle. Die Veranstaltung setzt die Vorlesungsreihe „The Nature of Normativity“ des Wintersemesters 2010/11 mit Perspektiven Frankfurter ForscherInnen fort.
Postsäkularismus
Sommersemester 2011
Wer heute über die Herausbildung normativer Ordnungen nachdenkt, kommt an der sogenannten „Rückkehr der Religion“ in den gegenwärtigen Gesellschaften, nicht nur den westlichen, nicht vorbei. Nicht dass die Religionen jemals verschwunden waren, wie das Wort der „Rückkehr“ nahezulegen scheint, aber die religiöse Dimension sozialer Konflikte hat in nationalen Kontexten wie auch global betrachtet in den letzten Jahrzehnten sehr an Bedeutung gewonnen. Denkt man an die diversen Diskussionen über Fundamentalismus und Gewalt, über das angebliche Ende oder vielmehr den Anfang multikultureller Gesellschaften und an Fragen der interkulturellen Verbindlichkeit universaler Normen wie der Menschenrechte, so sehen nicht wenige eine Wiederkehr vergangen geglaubter Zeiten religiös motivierter Kämpfe. Diese Fragen beschäftigen uns in diversen Forschungsprojekten wie auch in zentralen Veranstaltungen. Und so gehen in dieser Ringvorlesung ausgewiesene Experten der Frage nach, ob bzw. in welchem Sinne wir in einem „postsäkularen“ Zeitalter leben. Mit diesem Begriff, den Jürgen Habermas in die Debatte eingebracht hat, wird die Frage gestellt, welche Rolle die Religion in freiheitlichen und demokratischen, religiös pluralistischen Gemeinwesen spielt und spielen soll; insbesondere geht es darum, wie es möglich ist, zwischen verschiedenen religiösen, areligiösen und antireligiösen Überzeugungen, die in einer Gesellschaft aufeinanderprallen, eine gemeinsame politische Sprache zu finden – und welche Lernprozesse dazu jeweils nötig sind.

The Nature of Normativity
Wintersemester 2010/11
Normativität ist das alltäglichste, und doch ein philosophisch nur schwer aufzuklärendes Phänomen. Das alltäglichste, weil wir uns in unserem Denken und Handeln an eine Reihe von Normen, Werten und Regeln gebunden sehen, ohne dass wir unmittelbar dazu gezwungen sind – etwa soziale Konventionen der Höflichkeit, ein Ethos der Professionalität, Bindungen der Freundschaft, Versprechen, die zu halten sind, bis hin zu allgemeinen moralischen Normen. Auch bei rechtlich bindenden Normen werden unterschiedliche Erklärungen ihrer Geltungsgründe gegeben. Die zentrale Frage der Normativität lautet, woraus sich die Bindekraft solcher Normen, Werte und Regeln speist: aus instrumentellen Überlegungen, aus sozialen Erwartungen, aus autonomer Selbstbindung oder aus einer normativen, vielleicht nur metaphysisch zu erklärenden Realität jenseits der empirischen Welt?
Die Philosophinnen und Philosophen, die im Rahmen dieser für die Thematik des Exzellenzclusters zentralen Ringvorlesung vortragen werden, sind die auf diesem Feld international renommiertesten ExpertInnen. Sie werden das Wesen der Normativität aus unterschiedlichen Perspektiven heraus diskutieren, und so entsteht ein Panorama des state of the art der zeitgenössischen Philosophie. Die Vorlesungen werden jeweils von einem der Sprecher des Clusters eingeleitet
Non-Western Approaches to Justice and Peace
Sommersemester 2010

Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung
Wintersemester 2009/10