Professur des Exzellenzclusters – Transnationales Regieren

Prof. Dr. Jens Steffek

Die Professur für „Transnationales Regieren“ liegt an der Schnittstelle zwischen der traditionellen Analyse internationaler Beziehungen, der Forschung zu grenzüberschreitend agierenden gesellschaftlichen Akteure und normativen Fragestellungen der politischen Theorie, insbesondere der Demokratietheorie. Verknüpft werden diese verschiedenen Stränge der Forschung durch die inhaltliche Schwerpunktsetzung des Arbeitsbereichs auf Fragen der Legitimität von Regieren jenseits des Nationalstaats.

Legitimation als sozialer Prozess und Legitimität als dessen Resultat sind Phänomene, die sich durch die enge Verklammerung einer empirischen und einer normativen Dimension auszeichnen, und zwar in dem Sinne, dass im Konzept der Legitimität die empirische Geltung einer politischen Ordnung abhängig gemacht wird von normativen Erwägungen der Richtigkeit und Angemessenheit. Ausgehend von diesem Kernkonzept und einem ebenso empirisch-analytischen wie normativ-theoretischen Erkenntnisinteresse versuchen wir im Arbeitsbereich eine neue, kritische Perspektive auf die politische Bearbeitung grenzüberschreitender Probleme und Konflikte zu entwickeln.

Die Forschungsaktivitäten lassen sich grob in drei Teilbereiche gliedern: 1. werden Legitimationsnarrative internationalen Regierens untersucht, wobei die nicht auf demokratischer Partizipation und Kontrolle basierenden Rechtfertigungen internationaler Organisationen als funktionale Agenturen im Mittelpunkt stehen. 2. Untersucht die Professur die Legitimationspotenziale zivilgesellschaftlicher Partizipation die u.a. im Rahmen der Institutionalisierung zivilgesellschaftlicher Beteiligung in internationalen Organisationen. Und 3. wurde der Zusammenhang der globaler Ordnung und der sozialen Frage in Rückblick auf das 20. Jhdt. wie auch in Hinblick auf aktuelle Entwicklungen, wie im Rahmen der jüngsten Klimaschutzabkommen untersucht. 

Ad 1) Die zentrale These ist, dass das Vordringen internationaler Organisationen (gouvernmentaler wie nicht-gouvernmentaler) seit dem 19. Jahrhundert als Teil der von Weber dargestellten Bürokratisierung politischer Herrschaft verstanden werden muss und daher nur rational-legal legitimiert werden kann.

Ad 2) Die zentrale Erkenntnis dabei ist, dass die Teilnahme nicht-staatlicher Akteure am Regierungsprozess zwar im begrenzten Maß politische Öffentlichkeit herstellen kann, der Grundtendenz hin zu einer Technokratisierung transnationalen Regierens jedoch kaum entgegenwirkt.

Ad 3) Zum möglichen Ende des redistributiven Multilateralismus scheint es so, als habe die in Kopenhagen begonnene und 2015 in Paris bestärkte Wende der Klimapolitik von rechtlich abgesicherten hin zu freiwilligen Verpflichtungen auch die Gerechtigkeitskonzeption der globalen Klimapolitik verändert, indem sie die traditionell wichtige Begründungsfigur des Ausgleichs historischen Unrechts außer Kraft setzt.

Die wichtigsten Publikationen dieser Professur des Exzellenzclusters:

Holthaus, Leonie & Jens Steffek: “Experiments in International Administration. The Forgotten Functionalism of James Arthur Salter”, in: Review of International Studies 42(1), 2016, pp. 114-135.

McGee, Jeffrey & Jens Steffek: “The Copenhagen Turn in Global Climate Governance and the Contentious History of Differentiation in International Law”, in: Journal of Environmental Law Vol. 28(1), 2016, pp. 37-63.

Steffek, Jens: “Max Weber, Modernity and the Project of International Organization”, in: Cambridge Review of International Affairs, FirstView, DOI: 10.1080/09557571.2015.1020481, 2015.

Steffek, Jens. “The Cosmopolitanism of David Mitrany: Equality, Devolution, and Functional Democracy beyond the State”, International Relations 29(1), 2015,  pp. 23-44.

Steffek, Jens: „Fascist Internationalism“, in: Millennium: Journal of International Studies 44(1), 2015, pp. 3-22.

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

News
30.06.2025

Artikel „Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?“ von Amadeus Ulrich im EJPT erschienen

Der Artikel „Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?“ von Amadeus Ulrich ist soeben Open Access im European Journal of Political Theory (EJPT) erschienen. Ulrich bringt darin die Perspektive des radikalen Realismus mit der kritischen Theorie Adornos in einen produktiven Dialog.

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News
30.06.2025

Prof. Dr. Franziska Fay mit dem Sibylle Kalkhof-Rose-Universitätspreis 2025 ausgezeichnet

Prof. Dr. Franziska Fay (Juniorprofessorin für Ethnologie mit dem Schwerpunkt Politische Anthropologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und ehemalige Postdoktorandin des Forschungszentrums Normative Ordnungen der Goethe-Universität) erhält den Sibylle Kalkhof-Rose-Universitätspreis 2025 in der Kategorie Geistes- und Sozialwissenschaften.

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Publikation
25.06.2025 | Onlineartikel

Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?

Ulrich, Amadeus (2025): Ideology and suffering: What is realistic about critical theory? European Journal of Political Theory, 0(0).  https://doi.org/10.1177/14748851251351782

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News
24.06.2025

Neue Reihe „Vertrauensfragen“ in der Frankfurter Rundschau initiiert von Hendrik Simon

Demokratie lebt vom Streit – wenn er der gemeinsamen Suche nach Lösungen dient. An diesem Miteinander hakt es oft. Die neue FR-Reihe „Vertrauensfragen“ untersucht, initiiert von Hendrik Simon (Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) Standort Frankfurt am Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität), woran das liegt und wie wir es besser machen.

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Publikation
23.06.2025 | Working Paper

Untrustworthy Authorities and Complicit Bankers: Unraveling Monetary Distrust in Argentina

Moreno, Guadalupe (2025): “Untrustworthy Authorities and Complicit Bankers: Unraveling Monetary Distrust in Argentina”. Max Planck Institute for the Study of Societies Discussion Paper 25/3.

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News
22.05.2025

Hat die deliberative Demokratie im Zeitalter von Oligarchen, Autokraten und Patriarchen eine Zukunft?

Am 3. Juni hält Prof. Simone Chambers einen Vortrag zum Wert von Demokratien und der Zukunft der Staatsform.

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Publikation
19.05.2025 | Sammelband

Klimaethik. Ein Reader

Sparenborg, Lukas; Moellendorf, Darrel (Hrsg.) (2025) : Klimaethik. Ein Reader. Suhrkamp.

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News
19.05.2025

Was kann eine barocke Tapisserie über koloniale Ikonographie erzählen?

Vortrag von Cécile Fromone am 21. Mai. Die Professorin am Department of the History of Art and Architecture der Harvard University sowie Direktorin der Cooper Gallery am Hutchins Center und Autorin wird über lange vergessene afrikanische Ursprünge der Ikonographie und deren koloniale Dimension referieren.

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News
05.05.2025

Normative Orders Newsletter 01/25 erschienen

Der Newsletter aus dem Forschungszentrum Normative Ordnungen versammelt mehrmals im Jahr Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Berichte, Neuigkeiten und Veröffentlichungen. Lesen Sie hier die erste Ausgabe 2025.

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