30.09.2025

„Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“

Neues Forschungsprogramm des Forschungszentrums Normative Ordnungen der Goethe-Universität wird durch den Stiftungsfonds Commerzbank gefördert

Das Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main erhält für sein neues Forschungsprogramm „Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“ eine großzügige Förderung durch den Stiftungsfonds Commerzbank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Insgesamt stehen über eine Laufzeit von fünf Jahren Fördermittel in Höhe von 750.000 Euro zur Verfügung. Der Projektstart ist für Herbst 2025 vorgesehen.

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 und dem Gebrauch des Begriffs „Zeitenwende“ durch Bundeskanzler Scholz in der Begründung der Reaktion darauf ist der Begriff in aller Munde. Vielfach ist die Rede von einer neuen Zeit, die angebrochen ist; sie wird markiert durch eine Infragestellung der regelgeleiteten Weltordnung, durch eine tiefe Krise der Demokratie und den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien sowie durch die Stabilisierung autoritärer Regime an vielen Orten der Welt.

Das Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität greift diese Thematik in einem neuen Forschungsprogramm auf – und zwar mit dem pluralisierten Titel „Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“. Gefördert wird das interdisziplinäre Programm durch den Stiftungsfonds Commerzbank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft; er stellt über eine Laufzeit von fünf Jahren Fördermittel in Höhe von 750.000 Euro zur Verfügung.
Folgende zentrale Themenschwerpunkte strukturieren das Forschungsvorhaben über die Jahre:

  1. Krise und Zukunft der Demokratie
  2. Weltordnung im Wandel
  3. Toleranz und Freiheit
  4. Perspektiven der Nachhaltigkeit

Das Programm wird unter der wissenschaftlichen Leitung der Direktor*innen des Forschungszentrums, Prof. Dr. Nicole Deitelhoff und Prof. Dr. Rainer Forst, durchgeführt. Es bündelt die Expertise zahlreicher international ausgewiesener Wissenschaftler*innen aus verschiedenen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen an der Goethe-Universität.

„Mit dem Projekt Zeitenwenden greifen wir aktuelle gesellschaftliche und politische Umbrüche auf, ohne vorschnelle Antworten zu geben“, betont Prof. Dr. Rainer Forst. „Wir erleben aktuell einen tiefgreifenden Wandel normativer Ordnungen, national und global, und der Eindruck verfestigt sich, dass diese Ordnungen zerfallen bzw. regredieren. Die Wissenschaft von der Gesellschaft muss dafür Analysen liefern und sollte Möglichkeiten der Orientierung bieten. Das Zentrum Normative Ordnungen will hierfür Räume des Nachdenkens und des öffentlichen Austauschs schaffen.“

Prof. Dr. Deitelhoff ergänzt: „Massive Gewaltkonflikte wie der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine oder die Konflikte in Nahost sind längst nur noch Symptome einer tiefergehenden Krise der internationalen Ordnung, die eng mit Krisenphänomenen nationaler Ordnungen zusammenhängt. Mit unserem Forschungsprogramm wollen wir diesen Krisen nachspüren, ihre Ursachen, Dynamiken und Effekte analysieren und sichtbar machen. Gleichzeitig ist es uns wichtig, den Austausch mit der Gesellschaft zu fördern – denn die Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen solcher Umbrüche betrifft uns alle und entscheidet darüber, wie wir in Zukunft zusammenleben.“

Michael Kotzbauer, stellvertretender CEO der Commerzbank und Mitglied des Kuratoriums des Stiftungsfonds, unterstreicht die Motivation der Bank: „Mit dieser Förderung wollen wir den sachlichen Diskurs unterstützen und unserer unternehmerischen Verantwortung gerecht werden. Und das insbesondere an unserem Standort Frankfurt.“ Die Förderung ermöglicht dem Forschungszentrum Normative Ordnungen die Einrichtung international besetzter Gastprofessuren, themenspezifischer Fellowships, Ringvorlesungen, internationaler Konferenzen sowie öffentlicher Dialogformate wie den „Frankfurter Stadtgesprächen“. Damit soll nicht nur ein Beitrag zur akademischen Forschung geleistet, sondern auch der Transfer mit der Gesellschaft aktiv gefördert werden.

Für die erste Gastprofessur im Wintersemester 2025/2026 ist der renommierte politische Philosoph Prof. Michael Rosen von der Harvard University vorgesehen, der ein Seminar zur aktuellen Krise der Demokratie anbieten und dazu auch öffentlich vortragen wird.

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

Veranstaltung
03.11.2025 | Offenbach

Ich kann, also bin ich? Eine Kritik ableistischer Diskriminierung in unserer Gesellschaft

Vortrag

Der Vortrag von Dr. Regina Schidel im Rahmen der Goethe Lectures Offenbach analysiert Ableismus aus philosophischer und sozialtheoretischer Perspektive, und zwar exemplarisch am Fall von Menschen mit kognitiven Einschränkungen/geistiger »Behinderung«. Es werden Ursprünge ableistischen Denkens in der philosophischen Tradition entwickelt, in ihrer gesellschaftlichen Funktionalität untersucht und Möglichkeiten befragt, diese zu überwinden – diese stammen etwa aus kritischer und feministischer Theoriebildung.

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News
01.10.2025

Neuer Forschungsverbund „DemoReg“ nimmt Arbeit auf

Hessen investiert rund 3,1 Millionen Euro in den Ausbau der Demokratieforschung. Mit dem neuen Forschungsverbund „DemoReg“ entwickelt Hessen ein starkes, deutschlandweit besonderes Profil in der Demokratieforschung mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit. Das Forschungszentrum Normative Ordnungen ist personell beteiligt.

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News
30.09.2025

„Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“

Das Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main erhält für sein neues Forschungsprogramm „Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“ eine großzügige Förderung durch den Stiftungsfonds Commerzbank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Insgesamt stehen über eine Laufzeit von fünf Jahren Fördermittel in Höhe von 750.000 Euro zur Verfügung.

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Publikation
29.09.2025 | Zeitschriftenartikel

Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit

Forst, Rainer; Tockner, Klement: Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit. In: Blätter für deutsche und internationale Politik. 10/2025, S. 109-117

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Veranstaltung
19.11.2025 | Frankfurt am Main

Unerwünscht. Die westdeutsche Demokratie und die Verfolgten des NS-Regimes

Buchvorstellung

Der Vortrag von Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum schildert die Erfahrungen von überlebenden Juden und Sinti und Roma, von ehemaligen Zwangsarbeitern und Homosexuellen in Westdeutschland in der Nachkriegszeit.

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Veranstaltung
31.10.2025 | Frankfurt am Main

Geschlecht und Affekte in Zeiten rechtsautoritärer anti-demokratischer Mobilisierung

Vortrag

Keynote von Prof. Dr. Birgit Sauer auf der Auftaktkonferenz des Forschungsverbunds „Herausforderungen der Demokratie in Zeiten ihrer Regression: Zeiten, Räume und Diskurse“ (DemoReg)

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News
04.09.2025

Rainer Forst mit Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet

Am 4. September 2025 wurde der politische Philosoph und Direktor des Forschungszentrums Normative Ordnungen Prof. Dr. Rainer Forst mit der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet. Mit dieser Ehrung würdigt die Stadt Persönlichkeiten, die durch ihr wissenschaftliches Werk und/oder ihr öffentliches Wirken weit über die Grenzen Frankfurts hinaus Maßstäbe gesetzt haben.

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Veranstaltung
15.10.2025 | Frankfurt am Main

Aufrecht. Überleben im Zeitalter der Extreme

Buchvorstellung

AUSGEBUCHT! In ihrem jüngsten Werk begibt sich Lea Ypi auf eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie und verknüpft persönliche Erinnerungen mit den großen politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts. Das Forschungszentrum Normative Ordnungen lädt gemeinsam mit dem Netzwerk FrauenmitFormat, dem Honorarkonsulat der Republik Albanien in Frankfurt am Main und dem Suhrkamp Verlag herzlich zur Vorstellung des neuen Buches von Prof. Dr. Lea Ypi mit anschließender Diskussionsrunde mit Prof. Dr. Lea Ypi, Honorarkonsulin Dr. Jonela Hoxhaj und Prof. Dr. Rainer Forst unter der Moderation von Rebecca C. Schmidt ein.

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Publikation
02.09.2025 | Zeitschriftenartikel

Beyond Myth Busting: How Engagement with Ethical Dilemmas Can Improve Debates and Policymaking on Migration

Schmid, Lukas; Ruhs, Martin; Bauböck, Rainer; Mourão Permoser, Julia (2025): “Beyond Myth Busting: How Engagement with Ethical Dilemmas Can Improve Debates and Policymaking on Migration”. In: Ethics & International Affairs, 39 (1), S. 26-36.

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