Grenzen des Helfens unter Bedingungen multipler Krisen

Das Ziel besteht in der Erforschung symbolischer Grenzziehungen des Helfens. Diese werden auf drei Ebenen ermittelt: Auf der Mikroebene in der alltäglichen Interaktion von Praktiken des Helfens und ihren Rechtfertigungen; auf der Mesoebene in der Weise wie die individuellen Hilfspraktiken mit staatlichen Stellen verzahnt sind – insbesondere der Kommunalverwaltung; und auf der Macroebene in der Weise, wie massenmedial vermittelte Diskurse des Helfens sich in den symbolischen Grenzziehungen von Akteur:innen unterschiedlicher sozialer Milieus niederschlagen. Diese Ziele werden in drei – diesen Ebenen entsprechenden – Teilprojekten auf der Basis der Analyse von Einzel- und Experteninterviews, Gruppendiskussionen und Mediendiskursen bearbeitet. Erstens wird die Weise untersucht, wie Ehrenamtliche und Geflüchtete im ländlichen Raum ihre Praktiken des Helfens und die Beziehungen, die daraus hervorgingen, reflektieren und bewerten. Viele dieser Hilfsbeziehungen bestehen seit 2015 und sind durch eine überraschende Dauerhaftigkeit ausgezeichnet. Andere Hilfsbeziehungen sind seit der Ankunft von Ukrainerinnen 2022 entstanden. Im Teilprojekt stehen die Auseinandersetzung der beteiligten Akteur:innen mit dieser alltäglichen Hilfe und die Grenzen, die sie in ihren Praktiken markieren, im Fokus. Zweitens wird die Weise untersucht, wie Kommunalverwaltungen und ehrenamtlichen Akteur:innen in der Unterstützung Geflüchteter ineinander greifen. Im Teilprojekt werden die Fragen beantwortet, wo Kommunalverwaltungen Grenzen ehrenamtlicher Hilfe markieren und auf staatliche Zuständigkeiten bestehen, wo sie eigene Zuständigkeiten durch ehrenamtliches Engagement ersetzen und wie Konflikte zwischen Ehrenamtlichen und kommunalen Angestellten verlaufen und gelöst werden. Drittens wird die Weise untersucht, wie Rechtfertigungen des Helfens und ihrer Grenzen diskursiv hergestellt werden und wie diese sich bei gewöhnlichen Akteur:innen aus unterschiedlichen Kontexten und Milieus vermitteln. Unter den Bedingungen der hohen Frequenz globaler Krisen in den vergangenen Jahren ist anzunehmen, dass Akteur:innen sich vermehrt mit ihrer eigenen Abhängigkeit und Vulnerabilität auseinandersetzen. Ziel des Teilprojekts ist es, die (exklusiven) Solidaritäten zu rekonstruieren, die sich unter diesen Bedingungen herausbilden und die Weise zu untersuchen, wie sie sich in Rechtfertigungen des Helfens und ihrer Grenzen in unterschiedlichen sozialen Milieus niederschlagen. Mit den Forschungsergebnissen, die über Veranstaltungen, Podcasts und Publikationen auch der breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, soll die öffentliche Auseinandersetzung über Grenzen des Helfens und ihre Rechtfertigungen gefördert werden. Konkret können sowohl Ehrenamtliche, die sich in der Hilfe für andere engagieren, als auch öffentliche Verwaltungen, die ihre Maßnahmen mit Ehrenamtlichen koordinieren, von den Ergebnissen der Forschungsgruppe profitieren.

Projektverantwortliche: Prof. Dr. Greta Wagner

Das Projekt wird von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

Veranstaltung
06./07.11.2025 | Frankfurt am Main

Kolja Möller - Volk und Elite

Workshop

Workshop zum "Buch Volk und Elite - Eine Gesellschaftstheorie des Populismus" von Kolja Möller

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Veranstaltung
31.10.2025/01.11.2025 | Frankfurt am Main

Strafrecht und Kriminalpolitik in den Polykrisen der digitalen Welt

Symposium

Unter der Überschrift „Strafrecht und Kriminalpolitik in den Polykrisen der digitalen Welt“ sollen auf dem XII. Deutsch-Griechischen Strafrechtssymposion die heterogenen Herausforderungen diskutiert werden, mit denen sich das Strafrechtssystem in Zeiten sich häufender und interdependenter Krisen (Klima, Migration) konfrontiert sieht.

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Publikation
01.10.2025 | Lexikoneintrag

Moralisieren

Schmelzle, Cord (2025): „Moralisieren“. In: Pollmann, Anna; Möllmann, Christopher: Schlüsselbegriffe gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ein kritisches Vokabular, Wallstein, S. 544–561.

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Publikation
01.10.2025 | Sammelband

Dis.Ordering Distribution. Infrastructures, Formats and Practices in the Circulation of Culture.

Storz, Cornelia; Hediger, Vinzenz; Krings, Matthias (eds.) (2025): Dis.Ordering Distribution. Infrastructures, Formats and Practices in the Circulation of Culture. Emerald Publishing.

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Veranstaltung
03.11.2025 | Offenbach

Ich kann, also bin ich? Eine Kritik ableistischer Diskriminierung in unserer Gesellschaft

Vortrag

Der Vortrag von Dr. Regina Schidel im Rahmen der Goethe Lectures Offenbach analysiert Ableismus aus philosophischer und sozialtheoretischer Perspektive, und zwar exemplarisch am Fall von Menschen mit kognitiven Einschränkungen/geistiger »Behinderung«. Es werden Ursprünge ableistischen Denkens in der philosophischen Tradition entwickelt, in ihrer gesellschaftlichen Funktionalität untersucht und Möglichkeiten befragt, diese zu überwinden – diese stammen etwa aus kritischer und feministischer Theoriebildung.

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News
01.10.2025

Neuer Forschungsverbund „DemoReg“ nimmt Arbeit auf

Hessen investiert rund 3,1 Millionen Euro in den Ausbau der Demokratieforschung. Mit dem neuen Forschungsverbund „DemoReg“ entwickelt Hessen ein starkes, deutschlandweit besonderes Profil in der Demokratieforschung mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit. Das Forschungszentrum Normative Ordnungen ist personell beteiligt.

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News
30.09.2025

„Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“

Das Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main erhält für sein neues Forschungsprogramm „Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“ eine großzügige Förderung durch den Stiftungsfonds Commerzbank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Insgesamt stehen über eine Laufzeit von fünf Jahren Fördermittel in Höhe von 750.000 Euro zur Verfügung.

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Publikation
30.09.2025

Climate Finance, the Right to Promote Sustainable Development and Responsibility

Moellendorf, Darrel (2025): „Climate Finance, the Right to Promote Sustainable Development and Responsibility“. In: Berger, Axel; Brandi, Clara; Kollar, Eszter (eds.): Justice in Global Economic Governance. Normative and Empirical Perspectives on Promoting Fairer Globalisation, Edinburgh University Press, p. 125–133.

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Publikation
29.09.2025 | Zeitschriftenartikel

Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit

Forst, Rainer; Tockner, Klement: Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit. In: Blätter für deutsche und internationale Politik. 10/2025, S. 109-117.

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