Die Ausübung öffentlicher Gewalt auf der internationalen, supranationalen und staatlichen Ebene: Eine öffentlich-rechtliche Rekonstruktion von Governance im Mehrebenensystem

Projektleitung: Prof. Dr. Armin von Bogdandy

Das Projekt „Die Ausübung öffentlicher Gewalt auf der internationalen, supranationalen und staatlichen Ebene“ untersucht aus einer juristischen Perspektive die Governance internationaler und europäischer Institutionen sowie ihrer jeweiligen Gerichte. Diese Institutionen wirken sich mitunter sehr stark auf staatliches Handeln oder sogar auf Individuen aus. Das wirft die Frage auf, inwieweit sich ihr rechtliches Rahmenwerk den Prinzipien annähern muss oder bereits annähert, die für die Ausübung von Staatsgewalt maßgeblich sind.
Im Rahmen des Clusters steuert das Teilprojekt eine spezifische rechtswissenschaftliche Perspektive bei, welche auf rechtsdogmatische Begriffsbildung abzielt. Sie ist offen gegenüber der normativen und empirischen Analyse anderer Clusterprojekte. Deren Erkenntnisse helfen der dogmatischen Begriffsbildung, die Wirkung und normative Bedeutung neuer Governance-Phänomene angemessen zu erfassen. Umgekehrt kann dogmatische Begriffsbildung anderen Disziplinen als Folie für Wirklichkeitsbeschreibungen dienen.
Aus einem intensiven Diskussionsprozess zwischen Armin von Bogdandy, Matthias Goldmann und Ingo Venzke entstand ein Grundlagentext (Bogdandy, Goldmann und Venzke 2017) zur Erforschung von besonderen Themenfeldern. In mehreren Workshops, einer Habilitation und drei Dissertationen wurde das Potential dieses Ansatzes im Bereich des internationalen Finanz-, Arbeits- und Flüchtlingsrechts sowie der Ernährungssicherheit unter Beweis gestellt. Diskussionsveranstaltungen in Frankfurt und Heidelberg stellten den Ansatz einer breiten Öffentlichkeit mit Bezug auf TTIP und die Staatsschuldenkrise in Griechenland vor.
Es ist gelungen, den Begriff der internationalen öffentlichen Gewalt (International Public Authority) entscheidend weiterzuentwickeln und damit ein begriffliches und theoretisches Fundament für die juristische Erforschung des Verhältnisses zwischen staatlichen und überstaatlichen Rechtsordnungen sowie zwischen privatem und öffentlichem Recht zu legen. Der Ansatz liefert wichtige Impulse für die Forschungslandschaft, was sich am deutlich gesteigerten Interesse am Begriff „Authority“ auf Workshops und Konferenzen ablesen lässt, bei denen die Begriffsangebote des Clusterprojekts häufig eine zentrale Rolle spielen. Die allgegenwärtige Kritik an Globalisierungsphänomenen unterstreicht überdies die Praxisrelevanz des Projekts. Einige Projektmitarbeiter haben die Ergebnisse in ihre Beratungstätigkeit für internationale Organisationen einfließen lassen.

Die wichtigsten Veranstaltungen in diesem Projekt:

Podiumsdiskussion: Was ist Recht bei TTIP?, Armin von Bogdandy im Gespräch mit Staatssekretär Alexander Lorz (Reihe Stadtgespräch des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“), Historisches Museum, Frankfurt am Main, 10. November 2015.

Workshop: In Whose Name? A Public Law Theory on International Adjudication, Asser Institut, Den Haag, 8. September 2015.

Workshop: Democracy and the Financial Order: Legal Perspectives (in Kooperation mit dem German Law Journal), Keynote: Henrik Enderlein (Hertie School of Governance, Berlin), Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Goethe-Universität, Frankfurt am Main, 2.–3. September 2015.

Podiumsdiskussion: Hellas‘ Zukunft? Greece and Europe after the Referendum(mit Armin von Bogdandy, Achilles Scordas, Michalis Ioannidis and Matthias Goldmann), DAI Heidelberg, 16. Juli 2015.

Workshop: IPA (International Public Authority) Meets Dissidenz (interdisziplinärer Workshop mit der Arbeitsgruppe von Nicole Deitelhoff), Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Goethe-Universität, Frankfurt am Main, 4. April 2014.

Die wichtigsten Publikationen in diesem Projekt:

von Bogdandy, Armin/Matthias Goldmann/Ingo Venzke: „From Public International to International Public Law: Translating World Public Opinion into International Public Authority”, in: European Journal of International Law 28(1), 2017, S. 115–145.

von Bogdandy, Armin: Pondering Schmitt’s Concept of the Political for International Public Authority: On Methods, Standards and Disciplinary Settings for Public Law Theory, MPIL Research Paper No. 2016–22, 2016.

Goldmann, Matthias und Silvia Steininger: „A Discourse Theoretical Approach to Sovereign Debt Restructuring: Towards a Democratic Financial Order”, in: German Law Journal 17(5), 2016, S. 709–746.

Goldmann, Matthias: Internationale öffentliche Gewalt, Berlin/Heidelberg: Springer, 2015.  

von Bogdandy, Armin und Ingo Venzke: In wessen Namen? Internationale Gerichte in Zeiten globalen Regierens, Berlin: Suhrkamp, 2014. Englische Übersetzung: In Whose Name?, Oxford: Oxford University Press, 2014.

Personen in diesem Projekt:

Projektleitung / Ansprechpartner

von Bogdandy, Armin, Prof. Dr.

Projektmitarbeiter

Bagchi, Kanad

Ebert, Franz Christian, LLM

Goldmann, Matthias, Jun.-Prof. Dr.

Schmalz, Dana

Schmidt, Matthias

Soley, Ximena

Steinbrück Platise, Mateja, Dr.

Steininger, Silvia Karin, LL.M. (Amsterdam), BA

Vierck, Leonie

Villarreal, Pedro

Vischer, Benedict

Ziebritzki, Catharina

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

News
30.06.2025

Artikel „Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?“ von Amadeus Ulrich im EJPT erschienen

Der Artikel „Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?“ von Amadeus Ulrich ist soeben Open Access im European Journal of Political Theory (EJPT) erschienen. Ulrich bringt darin die Perspektive des radikalen Realismus mit der kritischen Theorie Adornos in einen produktiven Dialog.

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News
30.06.2025

Prof. Dr. Franziska Fay mit dem Sibylle Kalkhof-Rose-Universitätspreis 2025 ausgezeichnet

Prof. Dr. Franziska Fay (Juniorprofessorin für Ethnologie mit dem Schwerpunkt Politische Anthropologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und ehemalige Postdoktorandin des Forschungszentrums Normative Ordnungen der Goethe-Universität) erhält den Sibylle Kalkhof-Rose-Universitätspreis 2025 in der Kategorie Geistes- und Sozialwissenschaften.

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25.06.2025 | Onlineartikel

Ideology and Suffering: What Is Realistic about Critical Theory?

Ulrich, Amadeus (2025): Ideology and suffering: What is realistic about critical theory? European Journal of Political Theory, 0(0).  https://doi.org/10.1177/14748851251351782

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Neue Reihe „Vertrauensfragen“ in der Frankfurter Rundschau initiiert von Hendrik Simon

Demokratie lebt vom Streit – wenn er der gemeinsamen Suche nach Lösungen dient. An diesem Miteinander hakt es oft. Die neue FR-Reihe „Vertrauensfragen“ untersucht, initiiert von Hendrik Simon (Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) Standort Frankfurt am Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität), woran das liegt und wie wir es besser machen.

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23.06.2025 | Working Paper

Untrustworthy Authorities and Complicit Bankers: Unraveling Monetary Distrust in Argentina

Moreno, Guadalupe (2025): “Untrustworthy Authorities and Complicit Bankers: Unraveling Monetary Distrust in Argentina”. Max Planck Institute for the Study of Societies Discussion Paper 25/3.

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22.05.2025

Hat die deliberative Demokratie im Zeitalter von Oligarchen, Autokraten und Patriarchen eine Zukunft?

Am 3. Juni hält Prof. Simone Chambers einen Vortrag zum Wert von Demokratien und der Zukunft der Staatsform.

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19.05.2025 | Sammelband

Klimaethik. Ein Reader

Sparenborg, Lukas; Moellendorf, Darrel (Hrsg.) (2025) : Klimaethik. Ein Reader. Suhrkamp.

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19.05.2025

Was kann eine barocke Tapisserie über koloniale Ikonographie erzählen?

Vortrag von Cécile Fromone am 21. Mai. Die Professorin am Department of the History of Art and Architecture der Harvard University sowie Direktorin der Cooper Gallery am Hutchins Center und Autorin wird über lange vergessene afrikanische Ursprünge der Ikonographie und deren koloniale Dimension referieren.

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05.05.2025

Normative Orders Newsletter 01/25 erschienen

Der Newsletter aus dem Forschungszentrum Normative Ordnungen versammelt mehrmals im Jahr Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Berichte, Neuigkeiten und Veröffentlichungen. Lesen Sie hier die erste Ausgabe 2025.

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