Buchvorstellung von Lea Ypis „Aufrecht – Überleben im Zeitalter der Extreme“ im Rahmen der Frankfurter Buchmesse
Vor vier Jahren schrieb Prof. Dr. Lea Ypi (London School of Economics) mit „Frei – Erwachsenwerden am Ende der Geschichte“ einen Bestseller über ihre Kindheit im poststalinistischen Albanien. In ihrem jüngsten Werk „Aufrecht – Überleben im Zeitalter der Extreme“ begibt sich Lea Ypi nun erneut auf eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie und erforscht das Leben von Leman Ypi, ihrer eigenen Großmutter. Dieses Leben der Leman Ypi ist eng verflochten mit den historischen Umbrüchen und politischen Geschehnissen ihrer Zeit, weswegen es in „Aufrecht“ auch um die Geschichte des Osmanischen Reichs, um die Entstehung der neuen Nationalstaaten auf dem Balkan, um die Türkei, Griechenland und vor allem um Albanien geht, das nach seiner Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1912 in kurzer Zeit die Ausrufung einer Monarchie, faschistische Besatzung und kommunistische Herrschaft erlebte. Und es geht in Ypis Buch angesichts dieser Irrungen und Wirrungen der Geschichte ebenfalls darum, wie man sich in einem solchen Leben voller Extremsituationen seine Würde bewahren kann und wie sich Identität und Zugehörigkeit, Freiheit und Verantwortung unter solchen Umständen denken und gestalten lassen.



Diesen Themen widmete sich dann auch die Podiumsdiskussion am 15. Oktober 2025 mit der Autorin Lea Ypi, Dr. Jonela Hoxhaj (Honorarkonsulin der Republik Albanien) und Prof. Dr. Rainer Forst (Goethe-Universität / Normative Orders), die vom Forschungszentrum „Normative Orders“ gemeinsam mit „FrauenmitFormat“, dem Honorarkonsulat der Republik Albanien in Frankfurt am Main, dem Suhrkamp-Verlag und der Johanna Quandt Young Academy ausgerichtet und von Rebecca C. Schmidt moderiert wurde.
Schon in den Begrüßungen zur Veranstaltung zeigte sich, wie vielfältige Anschlussmöglichkeiten das neue Buch von Lea Ypi bieten kann: Während Prof. Dr. Dr. h.c. Sabine Andresen (Vizepräsidentin der Goethe-Universität) „Aufrecht“ aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive als vielschichtigen generationalen Dialog vorstellte, betonte Rainer Forst die Einheit des philosophischen und literarischen Werkes von Lea Ypi, bevor Astrid v.d. Malsburg (FrauenmitFormat) das Buch als Warnung vor den Schrecken der Diktatur und Plädoyer für Freiheit und Demokratie präsentierte.



In der anschließenden Diskussion des Buches standen dann unter anderem die unterschiedlichen Aufgaben und Möglichkeiten von Literatur und Philosophie, das Aufwachsen und der Umgang mit der eigenen Historie in Albanien sowie die praktischen und philosophischen Probleme der Wahrheitssuche in den Archiven im Mittelpunkt. Auf die abschließende Frage der Moderatorin Rebecca C. Schmidt, wie man heute in Zeiten der Polykrise aufrecht durch das Leben gehen könne, antwortete Ypi mit einem Plädoyer für Hoffnung anstelle von Optimismus.