DemoReg – Herausforderungen der Demokratie in Zeiten ihrer Regression: Zeiten, Räume und Diskurse

Bereits Ralf Dahrendorf warnte 1998 vor einem möglichen „Jahrhundert des Autoritarismus“. Neuere Erkenntnisse deuten in der Tat auf eine solche Entwicklung hin. Selbst stabile Demokratien scheinen einer demokratischen Regression zu unterliegen – einem Rückschritt, der ihre Existenz gefährden kann. Parteien und Bewegungen, die daran beteiligt sind, berufen sich dabei oft selbst auf den Begriff der Demokratie. Der geplante Forschungsverbund „DemoReg“ will diese Entwicklung kritisch und empirisch untersuchen.

Drei zentrale Fragen stehen im Mittelpunkt:

(1) Was genau sagt die Diagnose demokratischer Regression aus und wie lässt sie sich empirisch belegen?
(2) Welche Erklärungen lassen sich für einen solchen Befund anführen?
(3) Welche Strategien können entwickelt werden, um regressiven Tendenzen entgegenzuwirken?

DemoReg ist inter- und transdisziplinär angelegt und verbindet theoretische, empirische und praxisorientierte Forschung. Ziel ist es, langfristig eine nachhaltige Demokratieforschung in Hessen zu etablieren – unter anderem durch den Aufbau eines hessenweiten Zentrums für Demokratieforschung, das den Austausch zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft fördern soll.

Das Projekt verfolgt vier Hauptziele:

(1) Erstes Ziel ist es, strukturelle Defizite in politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Demokratie zu identifizieren sowie dadurch Potenziale für die Stärkung von Demokratie. Diese Analyse soll dazu dienen, Gefährdungen für die Demokratie zu verstehen.
(2) Ein weiteres Ziel ist eine Bestimmung konkreter Faktoren, die in Strukturen, historischen Pfadabhängigkeiten und begrifflich-kommunikativen Verhältnissen lokaler sozialer Räume verankert sind und demokratische Prozesse und Einstellungen beeinflussen. In diesem Zusammenhang interessieren auch systematische Unterschiede zwischen Raum- und Siedlungstypen.
(3) Ein drittes Ziel ist es, die Untersuchung demokratischer Räume mit einer Analyse der Zeitlichkeit der Demokratie zu verbinden. Sie kommt ohne einen progressiven Zukunftsbezug nicht aus, der auch institutionell abzusichern ist, zugleich wird dieser in regressiven Zeiten an das Ideal einer wiederherzustellenden Vergangenheit geknüpft, die demokratischen Grundsätzen widerspricht.
(4) Viertens sollen über eine öffentlichen Demokratieforschung mit politischen und gesellschaftlichen Akteur*innen Handlungsperspektiven gegen eine demokratische Regression und für eine Stärkung der Demokratie bzw. für demokratischen Fortschritt auf lokaler und nationaler Ebene weiterentwickelt werden. Jedoch sollen krisen- und konflikthafte Transformationsprozesse, die auf die lokalen Räume und deren politische Kulturen wirken, auch in ihrer nationalen und globalen Verflechtung bewertet werden.

Das Gesamtziel ist es, langfristig eine Demokratieforschung zu etablieren, die in historisch-informierter Perspektive sowohl Erklärungen demokratischer Regression als auch Spielräume sowie Handlungsmöglichkeiten demokratischer Bewältigung herausarbeitet.

Gemeinsam verantwortlich sind die Philipps-Universität Marburg und die Goethe-Universität Frankfurt. Weiterhin beteiligt sind die Universität Kassel, die Technische Universität Darmstadt, die Frankfurt University of Applied Sciences, die Hochschule Darmstadt, das Institut für Sozialforschung Frankfurt am Main, das Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main und das Demokratiezentrum Hessen. Das Forschungszentrum Normative Ordnungen ist personell beteiligt.

Der Verbund ist Teil des vom Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur aufgelegten Programms „Stärkung der Demokratieforschung Hessen“, welches zum „Sofort-Programm 11+1“ der hessischen Landesregierung gehört und wird durch das Ministerium gefördert.

SprecherInnen sind Prof. Dr. Ursula Birsl (Philipps-Universität Marburg) und Prof. Dr. Thomas Biebricher (Goethe-Universität Frankfurt, Normative Ordnungen)

Aktuelles aus dem Forschungszentrum

Veranstaltung
06./07.11.2025 | Frankfurt am Main

Kolja Möller - Volk und Elite

Workshop

Workshop zum "Buch Volk und Elite - Eine Gesellschaftstheorie des Populismus" von Kolja Möller

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Veranstaltung
31.10.2025/01.11.2025 | Frankfurt am Main

Strafrecht und Kriminalpolitik in den Polykrisen der digitalen Welt

Symposium

Unter der Überschrift „Strafrecht und Kriminalpolitik in den Polykrisen der digitalen Welt“ sollen auf dem XII. Deutsch-Griechischen Strafrechtssymposion die heterogenen Herausforderungen diskutiert werden, mit denen sich das Strafrechtssystem in Zeiten sich häufender und interdependenter Krisen (Klima, Migration) konfrontiert sieht.

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Publikation
01.10.2025 | Lexikoneintrag

Moralisieren

Schmelzle, Cord (2025): „Moralisieren“. In: Pollmann, Anna; Möllmann, Christopher: Schlüsselbegriffe gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ein kritisches Vokabular, Wallstein, S. 544–561.

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Publikation
01.10.2025 | Sammelband

Dis.Ordering Distribution. Infrastructures, Formats and Practices in the Circulation of Culture.

Storz, Cornelia; Hediger, Vinzenz; Krings, Matthias (eds.) (2025): Dis.Ordering Distribution. Infrastructures, Formats and Practices in the Circulation of Culture. Emerald Publishing.

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Veranstaltung
03.11.2025 | Offenbach

Ich kann, also bin ich? Eine Kritik ableistischer Diskriminierung in unserer Gesellschaft

Vortrag

Der Vortrag von Dr. Regina Schidel im Rahmen der Goethe Lectures Offenbach analysiert Ableismus aus philosophischer und sozialtheoretischer Perspektive, und zwar exemplarisch am Fall von Menschen mit kognitiven Einschränkungen/geistiger »Behinderung«. Es werden Ursprünge ableistischen Denkens in der philosophischen Tradition entwickelt, in ihrer gesellschaftlichen Funktionalität untersucht und Möglichkeiten befragt, diese zu überwinden – diese stammen etwa aus kritischer und feministischer Theoriebildung.

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News
01.10.2025

Neuer Forschungsverbund „DemoReg“ nimmt Arbeit auf

Hessen investiert rund 3,1 Millionen Euro in den Ausbau der Demokratieforschung. Mit dem neuen Forschungsverbund „DemoReg“ entwickelt Hessen ein starkes, deutschlandweit besonderes Profil in der Demokratieforschung mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit. Das Forschungszentrum Normative Ordnungen ist personell beteiligt.

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News
30.09.2025

„Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“

Das Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main erhält für sein neues Forschungsprogramm „Zeitenwenden. Normative Ordnungen im Umbruch?“ eine großzügige Förderung durch den Stiftungsfonds Commerzbank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Insgesamt stehen über eine Laufzeit von fünf Jahren Fördermittel in Höhe von 750.000 Euro zur Verfügung.

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Publikation
30.09.2025

Climate Finance, the Right to Promote Sustainable Development and Responsibility

Moellendorf, Darrel (2025): „Climate Finance, the Right to Promote Sustainable Development and Responsibility“. In: Berger, Axel; Brandi, Clara; Kollar, Eszter (eds.): Justice in Global Economic Governance. Normative and Empirical Perspectives on Promoting Fairer Globalisation, Edinburgh University Press, p. 125–133.

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Publikation
29.09.2025 | Zeitschriftenartikel

Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit

Forst, Rainer; Tockner, Klement: Im Visier der Autokraten: Vom Wert der Wissenschaftsfreiheit. In: Blätter für deutsche und internationale Politik. 10/2025, S. 109-117.

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